Das Reformpaket „VAT in the Digital Age“ (ViDA) -Teil 2: Neue Leistungs- und Lieferketten für digitale Plattformen

Am 5. November 2024 wurde nach einem schier endlosen hin und her das Reformpaket „VAT in the Digital Age“ (ViDA) offiziell vom Rat für Wirtschaft und Finanzen der EU (ECOFIN) verabschiedet. Ziel der Reform ist es, den grenzüberschreitenden Handel innerhalb der EU zu vereinfachen und die Steuerhinterziehung zu reduzieren. Die wichtigsten Neuerungen und Auswirkungen hierzu im Überblick: 

Ab dem 1. Januar 2027 wird die bestehende fingierte Lieferkette für B2C-Lieferungen innerhalb der EU, die von Drittland-Onlinehändlern über Online-Marktplätze ausgeführt werden, auch auf B2B-Lieferungen ausgeweitet. 

Darüber hinaus sollen digitale Plattformen, die kurzfristige Unterkunftsvermietungen (bis zu 30 Nächte) oder Fahrdienste vermitteln, so behandelt werden, als ob sie die Leistungen selbst empfangen und erbracht hätten (aktuell besteht hier aufgrund der DAC-7 Richtlinie bzw. des PStTG „nur“ die Verpflichtung zur Meldung der Umsätze). Diese Regelung kann nur dann außer Kraft gesetzt werden, wenn der Anbieter der Plattform seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitteilt und erklärt, die Umsatzsteuer selbst zu übernehmen.  

Zudem können Mitgliedstaaten eine Ausnahme für Kleinunternehmer vorsehen. Die Anwendung dieser Leistungskettenregelung ist für die Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar 2030 verpflichtend, kann jedoch bereits freiwillig ab dem 1. Juli 2028 umgesetzt werden. Im Einzelnen: 

Erweiterung der Lieferkettenfiktion bei Online-Marktplätzen

Bisher wird bei bestimmten Drittlandfällen eine fiktive Lieferkette zwischen Onlinehändler, Marktplatz und Kunden angenommen. Dieses Modell soll ab 2027 auf alle Lieferungen innerhalb der EU ausgeweitet werden, die Drittland-Onlinehändler über Marktplätze ausführen. Die Lieferung vom Marktplatz an den Kunden ist regulär steuerpflichtig, die Lieferung des Onlinehändlers an den Marktplatz steuerfrei. 

Fiktive Leistungskette bei Unterkunftsvermietung und Personenbeförderung

Digitale Plattformen, die kurzfristige Vermietungen (max. 30 Tage) oder Fahrdienste vermitteln, sollen steuerlich so behandelt werden, als hätten sie die Leistungen selbst erbracht. Die Plattform-Leistung an den Kunden ist steuerpflichtig, während die Leistung des Vermieters/Fahrers an die Plattform steuerfrei ist. Ausnahmen bestehen, wenn der Vermieter/Fahrer eine eigene Umsatzsteuer-ID angibt und selbst die Steuer berechnet. Diese Regelung wird spätestens ab 2030 verpflichtend. Diese Regelung wird u. a. Anbieter wir Air BnB oder UBER betreffen. 

Praktische Auswirkungen

Die Änderungen führen zu einem Anpassungsbedarf eben jener Vermittlungsplattformen und steigern die Ansprüche an den KYC-Prozess. Online-Marktplätze müssen nur geringfügige Anpassungen vornehmen, da sie ihre Systeme bereits zum 1. Juli 2021 angepasst haben. Diese Änderungen könnten das Geschäftsmodell der Plattformen beeinflussen und erfordern Anpassungen in der Steuerverwaltung und Abgrenzung. 

Der Autor: Sven Sistig

Seit 12 Jahren ist Sven Sistig im nationalen und internationalen Steuerrecht tätig, mit einem Schwerpunkt auf umsatzsteuerlicher Beratung und der Betreuung von Start-Ups, (Online-)Händlern und Influencern. Nach Stationen bei Deloitte und Flick Gocke Schaumburg leitete er zuletzt die Steuerabteilung bei ABOUT YOU. 

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