Monheim am Rhein sowie Leverkusen sind seit Jahren ein viel zitierter Standort, wenn es um besonders niedrige Gewerbesteuer-Hebesätze und damit Gewerbesteuern geht. Viele Unternehmer beschäftigen sich daher mit der Frage, ob ein Firmensitz in Monheim bzw. Leverkusensteuerlich sinnvoll sein kann. Der Gedanke ist nachvollziehbar: Liegt der Gewerbesteuer-Hebesatz deutlich unter dem der bisherigen Heimatgemeinde, lassen sich vermeintlich schnell erhebliche Gewerbesteuern sparen, obwohl der gleiche Gewinn erzielt wird.
Doch genau an dieser Stelle beginnt eine rechtlich sensible Zone. Aktuelle Ermittlungen des Landesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität Nordrhein-Westfalen (LBF NRW) zeigen sehr deutlich, dass die Finanzverwaltung bei sogenannten Scheinsitzen inzwischen konsequent vorgeht. Ein Firmensitz nur auf dem Papier ist kein legales Steuersparmodell, sondern kann erhebliche steuerliche und strafrechtliche Konsequenzen haben!
Warum ist Monheim bzw. Leverkusen für Unternehmen steuerlich so attraktiv?
Der Hauptgrund liegt im Gewerbesteuer-Hebesatz. Während viele Großstädte Hebesätze von 400 Prozent oder mehr erheben, liegt der Hebesatz in Monheim und Leverkusen mit jeweils 250 Prozent deutlich darunter. Gemeinden dürfen ihren Hebesatz selbst festlegen, Unternehmen dürfen ihren Sitz frei wählen. Steuerlicher Wettbewerb zwischen Kommunen ist gesetzlich zulässig.
Das erklärt, warum Monheim und Leverkusen gezielt Unternehmen anzieht – insbesondere Kapitalgesellschaften, bei denen die Gewerbesteuer einen erheblichen Teil der Gesamtsteuerbelastung ausmacht.
Habt ihr Fragen zu dem Thema?
Wie groß kann der steuerliche Unterschied tatsächlich sein?
Um zu verstehen, warum viele Unternehmer über einen Standortwechsel nach Monheim bzw. Leverkusen nachdenken, hilft ein kurzer Blick auf die Zahlen. Das folgende vereinfachte Rechenbeispielzeigt ausschließlich den Unterschied bei der Gewerbesteuer.
| Standort | Gewerbesteuer pro Jahr |
|---|---|
| Monheim/Leverkusen | 21.000 € |
| Köln | 39.900 € |
| Differenz | 18.900 € |
Annahme:
- monatlicher Gewinn: 20.000 €
- Jahresgewinn: 240.000 €
- Kapitalgesellschaft
- Steuermesszahl: 3,5 %
Hebesatz
- Monheim/Leverkusen: 250 %
- Köln: 475 %
Die Ersparnis beträgt in diesem Beispiel rund 18.900 € pro Jahr, also etwa 1.575 € pro Monat. Genau diese Größenordnung erklärt die Attraktivität des Standorts Monheim bzw. Leverkusen. Gleichzeitig gilt: Je höher der Gewinn und je größer die Ersparnis, desto genauer schaut die Finanzverwaltung hin.
Wo liegt der Unterschied zwischen echtem Firmensitz und Scheinsitz?
Entscheidend ist nicht der Handelsregistereintrag, sondern der Ort der Geschäftsleitung. Dieser ist dort, wo der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung liegt. Maßgeblich ist, wo die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen tatsächlich getroffen werden. Auch spielt es eine Rolle, von wo aus die Mitarbeiter des Unternehmens für das Unternehmen arbeiten.
Ein Briefkasten, ein leerstehendes Büro oder eine nur gelegentlich genutzte Adresse reichen dafür nicht aus. Auch eine formell angemeldete Geschäftsadresse ohne echte organisatorische Substanz (z.B. Geschäftsleitung, Mitarbeiter) erfüllt die steuerlichen Anforderungen nicht.
Aktueller Anlass: Durchsuchungen wegen Verdachts auf Scheinsitze
Steuerfahnderinnen und -fahnder des LBF NRW haben zuletzt Geschäftsräume in Monheim durchsucht. Der Verdacht: Ein Unternehmer soll dort einen Scheinsitz eingerichtet haben, um Gewerbesteuer zu sparen, obwohl die tatsächliche Tätigkeit in einem anderen Bundesland ausgeübt wurde.
Besonders deutlich wurde der Verdacht dadurch, dass zeitgleich auch das Privatgelände des Beschuldigten durchsucht wurde. Dort befand sich nach Angaben der Ermittler sogar eine Werkshalle für den Betrieb. Der Eindruck erhärtete sich, dass die Geschäftsleitung nie ernsthaft nach Monheim verlagert worden war.
Warum geht die Finanzverwaltung aktuell so konsequent gegen Scheinsitze vor?
Der Kampf gegen Scheinsitze in sogenannten Gewerbesteueroasen ist ein erklärter Schwerpunkt der Finanzverwaltung. Mit dem neuen Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität NRW wurden Zuständigkeiten gebündelt und Prüfungen intensiviert.
Die Behörden prüfen dabei nicht nur Unterlagen, sondern zunehmend auch die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort. Je höher das steuerliche Einsparpotenzial, desto intensiver sind die Kontrollen.
Welche steuerlichen und strafrechtlichen Risiken drohen bei einem Scheinsitz?
Stellt die Finanzverwaltung fest, dass sich die Geschäftsleitung tatsächlich an einem anderen Ort befindet, wird die Gewerbesteuer rückwirkend dort festgesetzt. Hinzu kommen regelmäßig Zinsen.
In vielen Fällen wird zudem ein Steuerstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet. Darüber hinaus drohen persönliche Haftungsrisiken für die Geschäftsführung sowie erhebliche Reputationsschäden. Die finanziellen Folgen können schnell existenzbedrohend werden.
Bedeutet das, dass ein Standortwechsel nach Monheim oder Leverkusen grundsätzlich keine Option ist?
Nein. Ein Standortwechsel nach Monheim oder Leverkusen kann vollkommen legal und sinnvoll sein – wenn er tatsächlich umgesetzt wird.
Entscheidend ist, dass die Geschäftsleitung sowie die Mitarbeiter real nach Monheim oder Leverkusen verlagert werden. Das bedeutet echte Büroräume, tatsächliche Anwesenheit der Geschäftsführung und Mitarbeiter, nachvollziehbare Entscheidungsprozesse und organisatorische Substanz. Je größer der steuerliche Vorteil ist, desto höher sind die Anforderungen an die tatsächliche Umsetzung.
Wichtiger Warnhinweis: Sitzverlagerungen sind kein Selbstläufer
Eine Sitzverlagerung aus steuerlichen Gründen ist kein formaler Akt, sondern eine unternehmerische Entscheidung mit erheblichen rechtlichen Folgen. Wer lediglich eine Adresse anmeldet, ohne die Geschäftsleitung tatsächlich zu verlagern, verlässt den Bereich zulässiger Steuergestaltung.
Die Finanzverwaltung prüft solche Konstellationen inzwischen sehr intensiv. Wird ein Scheinsitz festgestellt, drohen rückwirkende Steuernachzahlungen, Zinsen und steuerstrafrechtliche Konsequenzen.
Ein Standortwechsel sollte daher nur erfolgen, wenn er gut vorbereitet, realistisch umsetzbar und steuerlich sauber strukturiert ist – und immer nach vorheriger Beratung.
Fazit
Ein Scheinsitz in Monheim und Leverkusen als einzige Geschäftsadresse sind keine Steuerspartricks, sondern Steuerhinterziehung.
Monheim und Leverkusen bieten attraktive steuerliche Rahmenbedingungen. Diese können legal genutzt werden, wenn der Unternehmenssitz dort tatsächlich gelebt wird. Ein Briefkasten oder ein Alibi-Büro reichen aber nicht aus.
Unsere klare Empfehlung lautet:
Ein Standortwechsel macht nur dann Sinn, wenn er wirtschaftlich begründet, organisatorisch tragfähig und steuerlich sauber vorbereitet ist.
Sprich immer vorab mit einem Steuerberater, der die steuerlichen Effekte realistisch berechnet, die Anforderungen an den Ort der Geschäftsleitung prüft und Dich vor unnötigen Risiken schützt.
Darf ich den Sitz meines Unternehmens frei wählen?
Was gilt steuerlich als Ort der Geschäftsleitung?
Reicht ein Büro oder Co-Working-Space in Monheim/Leverkusen aus?
Warum prüft die Finanzverwaltung Monheim/Leverkusen besonders intensiv?
Was passiert, wenn ein Scheinsitz festgestellt wird?
Ist ein echter Standortwechsel nach Monheim/Leverkusen möglich?
Warum sollte ich vor einem Standortwechsel mit einem Steuerberater sprechen?
Der Autor: Timo Unterberg
Steuerberater & Partner
Wer mich kennt weiß, Steuerrecht ist meine Leidenschaft! Wenn ich nicht gerade junge Wachstumsunternehmen sowie mittelständische Unternehmensmandanten bei Umstrukturierungen, Finanzierungsfragen oder der Unternehmensnachfolge steuerlich berate, bin ich als Dozent in der Steuerberaterausbildung sowie -fortbildung unterwegs. Daneben verfasse ich regelmäßig steuerliche Fachartikel in Fachzeitschriften.


