Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte – Hinweis als notwendige Voraussetzung bei der Rechnungsstellung

Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte sind in der Umsatzsteuer komplex geregelt, da die Regelung immer dann Anwendung findet, wenn Unternehmer aus mehreren Ländern Umsatzgeschäfte miteinander „in Kette“ tätigen. Die korrekte Rechnungsstellung spielt dabei eine zentrale Rolle. Fehler können zu unerwarteten Steuerpflichten führen, weshalb es wichtig ist, die gesetzlichen Vorgaben genau einzuhalten.

Was ist ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft?

Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft ist ein Spezialfall des Reihengeschäfts und liegt vor, wenn eine Ware von einem Lieferanten in einem EU-Mitgliedstaat an einen Unternehmer in einem anderen EU-Mitgliedstaat verkauft wird – jedoch über einen Zwischenhändler in einem dritten Mitgliedstaat. Ein klassisches Beispiel: Der erste Lieferer sitzt in den Niederlanden, der Zwischenhändler in Deutschland und der Endabnehmer in Polen. Die Ware wird direkt und unmittelbar von den Niederlanden nach Polen transportiert und gelangt somit vom ersten Unternehmer der Kette direkt zum letzten Unternehmer.

Umsatzsteuerlich wird die sogenannte „bewegte Lieferung“ regelmäßig dem ersten Lieferer (Niederlande) zugerechnet, der an den deutschen Zwischenhändler liefert. Die anschließende Lieferung des Zwischenhändlers an den polnischen Unternehmer gilt als „unbewegte Lieferung“ und führt grundsätzlich zu umsatzsteuerlichen Registrierungsverpflichtungen im Zielland, da es im Regelfall zu einem steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb plus anschließender steuerpflichtiger lokaler Lieferung kommt.

Vereinfachungsregelung: Keine Steuerpflicht für den Zwischenhändler im Bestimmungsland

Um zu vermeiden, dass sich der deutsche Zwischenhändler im Bestimmungsland (hier: Polen) umsatzsteuerlich registrieren muss, gibt es eine spezielle Vereinfachungsregelung gemäß § 25b Abs. 3 UStG. Diese besagt, dass der Zwischenhändler von der Registrierungspflicht im Bestimmungsstaat befreit wird, wenn bestimmte Voraussetzungen, u. a. das Auftreten der jeweiligen Unternehmer mit der USt-ID Nummer „ihres“ Mitgliedstaates, erfüllt sind.

Eine der wichtigsten – aber mitunter stiefmütterlich behandelten – Voraussetzungen ist die korrekte Rechnungsstellung. Der deutsche Zwischenhändler muss dem polnischen Endabnehmer eine Rechnung gemäß § 14a Abs. 7 UStG ausstellen. Diese Rechnung muss explizit darauf hinweisen, dass es sich um ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft handelt und dass der Endabnehmer (in diesem Fall der polnische Unternehmer) der Steuerschuldner ist. Wichtig: In der Rechnung darf die Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen werden. Im Ergebnis sind bei korrekter Anwendung der Vereinfachungsregelung beide Leistungen steuerfrei abzurechnen, so dass der mittlere Unternehmer sich nicht im Zielland registrieren muss.

Folgen fehlerhafter Rechnungen und Berichtigungsmöglichkeiten

Fehlerhafte Rechnungen können erhebliche Konsequenzen haben. Sollte der deutsche Zwischenhändler die vorgeschriebenen Hinweise nicht in der Rechnung aufführen, wird er in Polen steuerpflichtig und muss sich dort umsatzsteuerlich registrieren. Dies gilt auch dann, wenn es sich scheinbar nur um einen formellen Fehler handeln mag, wie z.B. das Fehlen des Hinweises auf die Steuerschuldnerschaft des Endabnehmers bzw. der Hinweis auf die Anwendung des Dreiecksgeschäfts. Eine nachträgliche Berichtigung der Rechnung hilft in diesem Fall nicht.

Aktuelle Rechtsprechung hierzu durch den BFH

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit teilweise gleichlautenden Urteilen vom 17. Juli 2024 (XI R 35/22 & XI R 34/22) klargestellt, dass nur formelle Mängel in der Rechnung rückwirkend korrigiert werden können, nicht jedoch materielle Mängel. Der Hinweis auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft bzw. die Anwendung des Dreiecksgeschäftes sei jedoch – anders als wie vielleicht unter missverständlicher Interpretation bisheriger Rechtsprechung des EuGH u. a. in den Rechtssachen Barlis ´06 oder Senatex – kein formeller, sondern ein materieller Mangel, da die Angabe nach § 14a Abs. 7 UStG und unter Berücksichtigung der korrespondierenden Vorschrift in der MwStSystRL materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal sei (Rz. 38, XI R 35/22).

Bei wesentlichen Fehlern, wie dem Fehlen des Dreiecksgeschäftshinweises, entfaltet eine spätere Korrektur mithin keine rückwirkende Korrekturwirkung. Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine nachträgliche Korrektur der Rechnung an der Vergangenheit nichts ändert, sondern das erstmalige Ausstellen einer korrekten Rechnung bedeutet.

Die Urteile stehen in einer Linie mit der vorgehenden EuGH-Rechtsprechung zum innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft i. d. Rs. Luxury Trust vom 8. Dezember 2022, C-247/21).

Praxisauswirkung

Neben den Folgen in Polen – der Zwischenhändler hatte es im entsprechenden Zeitraum versäumt, sich dort für umsatzsteuerliche Zwecke zu registrieren und weder innergemeinschaftlichen Erwerb noch lokale Anschlusslieferung erklärt – hat das missglückte Dreiecksgeschäft insbesondere Konsequenzen in Deutschland. Durch die Angabe der deutschen USt-ID und mangels Nachweises einer tatsächlichen Versteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Polen kam es zu einer „Strafsteuer“ nach § 3d S. 2 UStG. Die Steuer auf diesen fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerb in dem Land, dessen USt-ID Nummer gegenüber dem Vorlieferanten verwendet wurde (hier: Deutschland), wird so lange geschuldet, bis der tatsächliche innergemeinschaftliche Erwerb nachgewiesen wurde oder aufgrund des Dreiecksgeschäftes als besteuert gilt.

Sollte der Zwischenhändler also durch Erklärung der innergemeinschaftlichen Erwerbe in Polen für die Vergangenheit eine Versteuerung nachholen können, entfällt zumindest die Steuer nach § 3d S. 2 UStG; dies jedoch nicht mit Rückwirkung, so dass der Unterschiedsbetrag zu verzinsen ist.

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Fazit:

Auf die korrekte Rechnungsstellung kommt es an!

Bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften müssen Unternehmen besonders sorgfältig bei der Rechnungsstellung vorgehen. Die korrekte Kennzeichnung des Dreiecksgeschäfts und der Verweis auf die Steuerschuldnerschaft des Endabnehmers sind zwingende Voraussetzungen, um die umsatzsteuerlichen Erleichterungen nutzen zu können.

Fehlerhafte Rechnungen können neben einer Strafbesteuerung nach § 3d S. 2 UStG im „Mittelland“ insbesondere zu einer Steuerpflicht im Bestimmungsland führen, die sich auch durch spätere Berichtigungen nicht mehr vermeiden lässt. Auch hat der BFH final die Türe zugemacht für die rückwirkende „Heilung“ missglückter Reihengeschäftskonstellationen, in denen in der Vergangenheit versucht wurde, durch die nachträgliche Anwendung der Reihengeschäftsregelung um eine Registrierung im Zielland vorbeizukommen. Dieser Versuch wurde regelmäßig dann unternommen, wenn nachträglich – bspw. im Rahmen von Betriebsprüfungen – entdeckt wurde, dass im Reihengeschäft falsch abgerechnet wurde.

Der Autor: Sven Sistig

Seit 12 Jahren ist Sven Sistig im nationalen und internationalen Steuerrecht tätig, mit einem Schwerpunkt auf umsatzsteuerlicher Beratung und der Betreuung von Start-Ups, (Online-)Händlern und Influencern. Nach Stationen bei Deloitte und Flick Gocke Schaumburg leitete er zuletzt die Steuerabteilung bei ABOUT YOU. 

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