Die Finanzverwaltung (Erlass FinMin. Schleswig-Holstein v. 20.08.2024, DB 2024 S. 2196) hat sich nach Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 09.11.2023 (IV R 9/21) im BStBl. II 2024 S. 510 zur steuerlichen Behandlung von „Earn-Out-Zahlungen“ (variable Kaufpreiszahlungen) im Kontext von Veräußerungen von Unternehmensanteilen geäußert.
Was ist eine Earn-Out-Zahlung?
In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass hinsichtlich des Unternehmenswerts zwischen den verhandelnden Kaufvertragsparteien unterschiedliche Wertvorstellungen vorliegen, die letztlich nicht gänzlich während den Kaufpreisverhandlungen geklärt werden können. Aus diesem Grund werden auf Basis von unterschiedlichen Kennzahlen (z.B. EBITDA, EBIT, Umsatz, Cash-Flow) regelmäßig variable Kaufpreisanteile vereinbart. Nicht selten kann auf diesen Weg eine Transaktion vor dem Scheitern bewahrt werden. Ein typischer Fall eines variablen Kaufpreises ist eine sog. Earn-Out-Gestaltung. Bei einer Earn-Out-Gestaltung wird neben einem festen Basiskaufpreis zusätzlich noch ein variabler Kaufpreisbestanteil vereinbart, der im Veräußerungszeitpunkt noch nicht feststeht, da dieser anhand von zukünftigen Ergebnissen des Unternehmens bestimmt wird (z.B. Halten von wichtigen „Schlüsselmitarbeitern“, EBITDA oder Umsatzgrößen).
Zuflussbesteuerung bei Earn-Out-Klauseln mit variabler Kaufpreishöhe
Mit Urteil vom 09.11.2023 hat der BFH für den Fall der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG entschieden, dass neben gewinn- und umsatzabhängigen Kaufpreisen (vgl. BFH-Urteil vom 14.05.2002 – VIII R 8/01, BStBl. II 2002 S. 532; H 16 Abs. 11 „Gewinn- oder umsatzabhängiger Kaufpreis EStH) auch für sog. Earn-Out-Klauseln, bei denen das Entstehen der sich hieraus ergebenden variablen Kaufpreiskomponenten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ungewiss ist (sog. rückwirkungslose Earn-Out-Klauseln), zwingend erst im Zeitpunkt des Zuflusses als nachträgliche Betriebseinnahmen gemäß § 16, § 24 Nr. 2 EStG zu versteuern sind (sog. obligatorische Zuflussbesteuerung). Eine steuerliche Vergünstigung der Zahlung eines entsprechend rückwirkungslosen Earn-Outs nach § 16 Abs. 4 oder § 34 EStG ist damit ausgeschlossen.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll dies auch für einschlägige Fälle der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch eine natürliche Person nach § 17 EStG anzuwenden sein.
Nach unserer Einschätzung gilt dies auch für den Bereich des Verkaufs von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch eine Kapitalgesellschaft nach § 8b Abs. 2 KStG.
Habt ihr Fragen zu dem Thema?
Rückwirkende Earn-Out-Klauseln mit betragsmäßig bereits festgelegter Kaufpreishöhe
Offen gelassen hatte der BFH in der Rn. 29 des BFH-Urteils vom 09.11.2023 die steuerliche Behandlung einer Earn-Out-Klausel, bei der nur das Entstehen der bereits betragsmäßig festgelegten Kaufpreiskomponenten vom Gewinn oder Umsatz abhängig ist. Die Finanzverwaltung vertritt hierzu nunmehr die Auffassung, dass es sich bei einer entsprechenden Earn-Out-Vereinbarung um eine sog. rückwirkende Earn-Out-Klausel handelt.
Bei dieser rückwirkenden Earn-Out-Klausel finden damit die Grundsätze der Besteuerung nachträglicher Kaufpreisanpassungen Anwendung, wonach bei der Realisierung ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorliegt und damit der Kaufpreis rückwirkend im Jahr der tatsächlichen Veräußerung zu versteuern ist und eben nicht im Zuflusszeitpunkt. Dies gibt Sicherheit insbesondere in den Fällen, in denen die steuerliche Vergünstigung nach § 16 Abs. 4 oder § 34 EStG im Jahr der Veräußerung angestrebt wird. Denn diese Kaufpreiszahlung wirkt damit zurück und unterliegt damit der entsprechenden steuerlichen Vergünstigung.
Unsere Empfehlung
Die Frage, ob bei Vereinbarung einer variablen Kaufpreiskomponente in Form eines Earn-Outs eine steuerliche Rückwirkung angestrebt werden sollte, bedarf stets einer Beratung im Einzelfall. Wenn Ihr hierzu Fragen habt, meldet Euch gerne jederzeit bei uns.
Der Autor: Timo Unterberg
Wer mich kennt weiß, Steuerrecht ist meine Leidenschaft! Wenn ich nicht gerade junge Wachstumsunternehmen sowie mittelständische Unternehmensmandanten bei Umstrukturierungen, Finanzierungsfragen oder der Unternehmensnachfolge steuerlich berate, bin ich als Dozent in der Steuerberaterausbildung sowie -fortbildung unterwegs. Daneben verfasse ich regelmäßig steuerliche Fachartikel in Fachzeitschriften.